Der RüsselCross ist jetzt auch klein

Die Athletin steht leicht fröstelnd in der Wechselzone. Handschuhe, lange Laufhose und ein ebensolches Oberteil versagen ihren wärmenden Dienst an diesem Tag. Dabei ist dieser 12. November meteorologisch ein ungewöhnlich milder Tag. Die Natur meint es gut mit den Wesen, die der Witterung ausgesetzt sind, für eine kürzere Zeitspanne mit der Duathletin, etwas länger mit ihrem Zwergkaninchen im Laufgitter auf dem elterlichen Rasen zuhause. Diese positiven Gedanken verlieren in diesem Moment das Gefecht…

1. Kids Duathlon 2011

…mit der Aufregung vor dem Start zum diesjährigen RüsselCross-Duathlon der TG-Triathleten.

Die nervösen Finger gleiten noch einmal über die wenigen Habseligkeiten am Wechselplatz, der mit der gleichen Nummer wie das mit Sicherheitsnadeln am Langarm-Laufshirt befestigte Stück Papier beschriftet ist. Zum wiederholten Male wird der pinkfarbene Fahrradhelm zurechtgerückt, von dem lustig schaukelnd Prinzessin Lillifee herüberlacht. Reibt der Fahrraddynamo auch nicht am Reifen des geliebten Stahlrosses? Zufällig bleibt der aufgeregt flatternde Ärmel am Hebel der Klingel hängen, woraufhin die beiden rosa Pferdchen auf der Glocke zum Leben zu erwachen schienen….

 

Es waren schon besondere Bilder, die sich den knapp 70 Helfern und dem Organisationsteam um Bodo Wolf an diesem Tag boten. Nach 7 erfolgreich in Königstädten durchgeführten Duathlons starteten zum ersten Mal junge Athletinnen und Athleten beim RüsselCross Kids Duathlon. Durch Mund-zu-Mund-Propaganda und eine kurzfristige Ankündigung in der lokalen Presse hatten 36 Kinder der Jahrgänge 1998 bis 2003 von der Veranstaltung erfahren und sich zu diesem Rennen angemeldet. Dem Reglement des Hessischen Triathlon Verbandes folgend können diese Jahrgänge die Aufregung bei Wettkämpfen der gleichen Streckenlänge in einer Startgruppe genießen. Und aufgeregt waren die 29 Mädchen und Jungen, die pünktlich zum Start um 12:20 Uhr hinter dem Startbogen auf- und ab hüpften. Wie bei den Großen war im überschaubaren Starterfeld jede Stimmungslage zu entdecken. Höchste Konzentration genauso wie gnadenlos zuschlagende rotwangige Aufregung. Kaum war der Startschuß gefallen, schon wurde jedem Zuschauer bewusst, dass die Verkehrswacht recht hat: Kinder haben keine Bremse! Mit einer Energie, die den Asphalt vor der Turnhalle der Helen-Keller-Schule wie einen nicht rutschgesicherten Teppich in Falten warf, wurden die 400 Meter der ersten Laufstrecke zurück zur Wechselzone zu Boden gerannt. Das eigene Fahrrad ist selbst mit weit aufgerissenen Augen, die mitzuatmen schienen, nicht immer sofort zu finden, der Helmverschluss der hastig übergestülpten Styroporschale scheint plötzlich ein Eigenleben entwickelt zu haben und läßt sich nicht zu-zittern. Kein Wunder, stehen doch Eltern, Omas und Opas einige Meter entfernt, nur mühsam durch Helfer vom Stürmen der Wechselzone zurückgehalten, und feuern aus Leibeskräften an. Doch schon ist ein freundlich lächelnder und dafür vorgesehener Helfer mit orangefarbener Warnweste herbeigesprungen und schliesst den widerspenstigen Helm in Millisekunden. Die Möglichkeit der Hilfestellung ist auch einer der maßgeblichen Unterschiede zum RüsselCross-Duathlon der Erwachsenen. Nicht nur, dass bei denen selten die gesamte Verwandtschaft anfeuert, sondern dass von der überwiegenden Zahl der älteren Sportler der Wechsel als eigene Disziplin im Ausdauer-Mehrkampf angesehen wird. Wer seine Motorik in dieser Phase im Griff hat, kann wertvolle Sekunden auf andere Mitstreiter gut machen und lächelnd an dem sich mit seinen Schuhen abmühenden Gegner Richtung nächstem Streckenabschnitt vorbeispurten. Bei den geübten Duathlon-Kindern ist diese Einstellung ebenfalls deutlich zu erkennen. Auch die Sicherung der Lauf-  und Radstrecke ist für die Jungstarter wesentlich aufwendiger, da bei so schnell bewegten kurzen Beinen der Überblick über die Streckenführung etwas zu leiden scheint. Die erste Laufstrecke der Duathlons mit ihren 400 Metern unterstützte kein Auseinanderziehen der rennenden Schülerschar, so dass die Startgruppe nahezu geschlossen am Ausgang der Wechselzone auf die Fahrräder hüpfte.

1. Kids Duathlon 2011

RüsselCross-Streckenchef und Führungsfahrer Jörg Rendel hatte sichtlich Mühe, die Führung vor dem Feld der wild pedalierenden jungen Mehrkämpfer zu halten und ihnen den Weg zurück zur Wechselzone zu zeigen. Kaum vom Rad gesprungen, wurden diese  von Helfern entgegengenommen und noch einmal 400 gelaufene Meter später konnten im Ziel viele glückliche Gesichter gezählt werden. Was häufig unausgesprochen bleibt und manchem Teilnehmer am RüsselCross-Duathlon nicht immer klar ist: Jeder Wettkämpfer ist ein Gewinner. Bei den Kindern wird dies verdeutlicht, indem jedes Mädchen und jeder Junge eine Medaille bekommt.

1. Kids Duathlon 2011

Mit dem gewonnenen Preis um den Hals und einem gummiartigen Gefühl in den Beinen bildet sich unversehens ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mit den Eltern und anderen erwachsenen Duathleten, die wenig später den Startschuß des Hauptwettkampfes hörten.

Der mit 350 Meldungen ausgebuchte Wettkampf der Rüsselsheimer Triathleten hat schon seit längerem seinen festen Platz im Rennkalender gefunden. Zum treuen Teilnehmerfeld gehören neben der Leistungsspitze der Duathlonszene wie der mehrfachen Deutschen Duathlonmeisterin Jenny Schulz jedes Jahr viele Sportler, die in anderen Sportarten zuhause sind und sich hier mit Freunden messen. Kritiker bemängeln die wenig anspruchsvolle Radstrecke des Rennens, welches nur auf denen vom Forstamt freigegebenen Wegen stattfinden darf. Eine gute Geländegängigkeit des Fahrrades ist auf den Fahrwegen nicht notwendig und die Topographie der Rüsselsheimer Gemarkung bietet bekanntermaßen keinerlei alpine Anstiege. An einer Gefahrenstelle wird seit letztem Jahr sogar eine offensichtliche Verbindung zum flachen Ried hergestellt. 33 Strohballen bilden eine Schikane zur Verlangsamung der heranbrausenden Rennteilnehmer. Eine Verlegung des Rennens in fahrtechnisch anspruchsvollere Regionen ist laut Bodo Wolf nicht angedacht. Die Verbundenheit mit dem Breitensport in Rüsselsheim ist den Organisatoren wichtig. Dass diese Entscheidung richtig ist, kann spätestens in den zufriedenen Gesichtern der vorher fröstelnden Athleten abgelesen werden, die bei einer warmen Suppe ihre Rennerlebnisse austauschen.

1. Kids Duathlon 2011