TransSchwarzwald 2009
Der gemeine Triathlet ständig auf der Suche nach Zielen, einer neuen Herausforderung. Gerne verlässt er hierfür auch mal gewohntes Terrain und nimmt grobes Geläuf in Kauf. So auch Uwe und Micha, die im August 2009 tief in die Wälder des Schwarzwaldes eintauchen. Wie tief, könnt ihr erfahren wenn ihr den ganzen Bericht lest!
Samstag, der 08.08.2009 – Das geliehene Wohnmobil nähert sich nur langsam der Goldstadt Deutschlands. Viel zu langsam wie ich finde. Nervosität, wie immer, nur bei mir (scheinbar). Uwe unterhält sich angeregt mit Ute. Pepe schläft und träumt wahrscheinlich gerade vom Playmobil Feuerwehrauto mit ausziehbarer Drehleiter. Mit Liegestütze im Mittelgang verkürze ich mir die Fahrtzeit – Unverständnis bei den Mitreisenden.
Endlich angekommen in Pforzheim weist man uns einen Stellplatz zu. Dicht an dicht stehen die Wohnmobile. Eines neuer, schicker als das andere. Alle bis auf das unserer tschechischen Nachbarn. Die sind mit einem alten Merzedestransporter angereist und wirken erfrischend unprofessionell.
Wir holen unsere Startunterlagen ab und sind jetzt schon beeindruckt von der logistischen Meisterleistung des Veranstalters. Danach werden die Startnummern angebracht und das Material zum wiederholten Male gecheckt.
Da für den ersten Abend keine Pastaparty vorgesehen ist, versorgen wir uns mit Nudeln und Pizza von einer Stehpizzeria in der Nähe.
1.Etappe: Pforzheim – Bad Wildbad (70km/1873hm)
Endlich, die Nacht ist vorbei und die Sonne scheint! Die Startzeit ist am ersten Tag mit 11 Uhr sehr human. Wir haben also alle Zeit in Ruhe zu frühstücken und erneut die Räder zu prüfen. Den Pneus spendieren wir 2,1bar.
An der Startlinie riecht es ausnahmsweise mal nicht nach Neopren, aber der Geruch ätherischer Öle von Muskelfluids ist uns ja auch nicht ganz unbekannt.
Die ersten 7 km werden im „neutralisierten Start“ gefahren, d.h.man rollt eigentlich locker in Richtung „scharfer Start“.
Das man bei einem Etappenrennen hierbei schon wertvolle Plätze gutmachen kann, ist bei uns irgendwie nicht angekommen. So stehen wir dann am „scharfen Start“ und warten wieder ein paar Minuten bis es dann (endlichendlich) losgeht. Und wie das losgeht….jegliche Vernunft scheint weggeblasen und dass so eine Woche ja ganz schön lang sein kann und man sich auf jeden Fall die Kräfte gut einteilen muss, ist auch vergessen. Wenn da nicht mein Partner Uwe wäre, so hätte ich bestimmt die erste Etappe im vorderen Drittel „gefinished“. Aber halt nur die erste… Danke Uwe!
Und so radeln wir Seite an Seite durch den nördlichen Schwarzwald und machen erste Bekanntschaften mit einem sehr starken Team aus Buxtehude. Besser gesagt Uwe macht Bekanntschaften und Micha hört zu und ermahnt zu mehr Diziplin. Das zog sich Übrigen so durch die ganze Woche und ich möchte nicht so oft darauf eingehen müssen (vielleicht nur noch einszwei Mal).
Die Strecke ist recht matschig und führt tlw.über dichtes Gras was das Biken nicht gerade zu einem Vergnügen macht. Vergnügen macht aber die schnelle, anspruchsvolle Abfahrt nach Bad Wildbad.
Und Vergnügen bereitet auch das aufgebaute Buffet im Zielbereich. Der Mohnkuchen, die Brötchen, all die Leckerein sollen uns die ganzen sieben Etappen begleiten. Wir schliessen diese erste Etappe als 15. in der Masters Kategorie ab, Fahrtzeit 3:47 h.
Zu erwähnen ist noch, dass unser erfrischend unprofessionell wirkender, tschechischer Nachbar doch relativ professionell abschnitt. Nämlich als 16. gesamt !
2.Etappe: Bad Wildbad – Bad Ripoldsau-Schapbach (88km/2650hm)
Gewitterregen prasselt auf das Dach des WoMo. Ausgerechnet am Tag der Königsetappe. Die Stimmung hält sich daher an diesem Morgen in Grenzen. Wir rollen also in Regenjacken zum Start den wir, warum wissen wir auch nicht genau, aus Block A vollziehen dürfen.
Der Regen lässt pünktlich zum Startschuss nach, aber der Boden ist schwer und es rollt gar nicht gut im Wald. Viel zu schnell jagt die Meute den ersten Anstieg hoch, ich natürlich hinterher. Ich halte Ausschau nach dem blauweissrotem TG Trikot meines Masterpartners – es geht links in den Wald, im Augenwinkel nehme ich einen Sturz war. Da kein Uwe in Sicht ist, vermute ich Schlimmes. Ein paar Augenblicke später ist er wieder da, unversehrt und mit gewohnt guter Laune. Die lässt auch nach einem ungewollten Ritt auf dem Oberrohr in der Abfahrt kurz vor der zweiten Verpflegungsstelle nicht wirklich nach. Seine Stimme erscheint mir kurzzeitig eine Oktave höher.
Fuhren wir gestern noch Seite an Seite, so haben wir schnell gelernt, dass hintereinander noch schneller ist, und das ist beim MTBiken sogar regelkonform. Überhaupt wird viel taktiert und geschaut, dass man eine Gruppe erwischt. Die erwischen wir dann auch auf den letzte 10 km und fliegen nach 5:42 h als 20. erneut sturzfrei in’s Ziel nach Bad Wildbad.
Hier erwartet uns mit Ute und Pepe unser Fanclub, unser Fahrservice, unser Motivationsteam bereits im Zielbereich.
So obligatorisch wie der viel zu schnelle Start, so obligatorisch kümmern wir uns auch um unsere Räder. Es wird geputzt, gepumpt, eingestellt und geschmiert was das Zeug hergibt.
Am Ende dieser langen Etappe erwartet uns eine hervorragend organisierte Pastaparty im Kurhaus von Bad Ripoldsau.
3.Etappe:Bad Ripoldsau-Schapbach – Wolfach (74km/2300hm)
Start aus Block B (hier fühlen wir uns schon wohler). Wir erwischen gleich zu Anfang eine gute Gruppe. Können, nein wollen das Tempo insbesondere auf den Abfahrten aber nicht mitgehen, da die Sicht in der Gruppe doch sehr eingeschränkt ist und wir uns schliesslich im Wald befinden!
So fahren wir wieder im Wechsel hintereinander und kommen auch ganz gut voran. Mein Tacho zeigt mir am Abend ein 18er Schnitt.
Uwe kommt in einem Singletrail zu Fall, rappelt sich erstaunlich schnell auf. Gott-sei-Dank kein Schaden an Uwe und seinem Cube.
Der letzte Downhill nach Wolfach soll es in sich haben, schon im Roadbook heißt es „Einfahrt in den Hohenlochtrail sehr gefährlich und steil!!!“.
Also Hintern hintern Sattel, die Arme gaanz lang und runter. Und es hat gar nicht wehgetan…. Das war’s aber noch nicht mit den technischen Finessen. Die Veranstalter schicken uns noch über die BMX Strecke des Bike Parks Wolfach, wir lassen die Sprünge aus und rollen materialschonend über die künstlich angelegten Hügel.
In Wolfach selbst kommen wir dann in den Genuß des wunderschönen Zielbereich inmitten der pitoresken Altstadt.
Nach 4:27 h haben wir die dritte Etappe als 18. überlebt und sind glücklich.
4. Etappe: Wolfach – Schonach (55km/2260hm)
Start aus Block D! Hier gehören wir doch auch nicht hin, oder!? Egal, wir werden einmal um den Ort herumgeschickt und fahren dann nach gut 3 km erneut über die Startlinie. Was soll das denn? Frage ich mich, bis ich die Einfahrt zum Jakobsbergtrail sehe. Da stehen sie die Biker, die ja eigentlich fahren wollen und warten bis sie den ca. 50 cm breiten Trail hochschieben dürfen.Uwe, diesmal wär’s wirklich gut gewesen am Anfang mal Gas zu geben, denke ich mir. Aber so kann man wenigstens Bekanntschaften machen und über die karge Besiedelung des mittleren Schwarzwaldes plauschen.
Insgesamt verläuft die Etappe eher untechnisch, ist aber dennoch hart, da relative viele Hm auf wenig km. Auf der Abfahrt in’s wunderschöne Schonach übersehe ich dann noch einen Stein und hoffe, dass der Reifen bis in’s Ziel hält, was er dank Tubelessbereifung auch tut.
Der Zielbereich im Kurpark Schonach ist wirklich einzigartig. Unter strahlendem Sonnenschein dürfen wir die Leckerein des Buffets an einem malerischen Weiher verzehren.
So langsam beginne ich mich für die Konkurrenz zu interessieren und studiere die Ergebnisse. Habe aber das Gefühl, dass sich mein Partner nicht so richtig anstecken lassen möchte. Immerhin kann ich durchsetzetzen, die Bananen an den Verpflegungständen für ihn zu besorgen, um damit die „Verpflegungsstandzeit“ siginfikant zu drücken. Innerlich steht für mich morgen sowieso Angriff auf dem Plan.
5.Etappe: Schonach – Engen (112km/1910Hm)
Angriff aus Block C! Diesmal eine breite Auffahrt die ein schnelles Auseinanderziehen des Feldes zulässt. Irgendwie gewöhne ich mich an diese frühmorgendliche Laktatdusche und will auch nach dem 5. Start gar nix dazu lernen.
Heute steht die km-mäßig längste Etappe auf dem Plan mit relativ viel Asphaltpassagen. Wie gut, dass ich anstatt der bewährten 2,1 bar auf 2,5 erhöht habe.
Das gute Gefühl habe ich aber nur bis km 8 (Katharinenhöhe), da gibt’s dann Wurzeltrails vom Feinsten. Schuldbewusst schaue ich zu Uwe rüber, für dessen Luftdruck ich mich übrigens auch verantwortlich fühle. Bei km 15,6 (erster Verpflegungspunkt) wird dann wieder auf die 2,1er- Technik umgestellt. Trotzdem will die Angriffslust in mir nicht wirklich ausbrechen und ich werde zusehends schlapper und meine Beine müder.
In einer scharfen Linkskurve haben sowohl Uwe als auch ich Schwierigkeiten den Kurs zu halten und verbremsen uns ordentlich. Dass das nicht nur uns so geht, können wir an den Spuren im Kies deutlich vernehmen.
Dann kommt es, mein Loch, ein Megahungerast. Ich beschimpfe mich innerlich und hasse Radfahren, mit Mühe nur kann ich Uwes Windschatten halten. Der Griff in meine Trikottasche – nur ein Klumpen ausgezuckelter Gelverpackungen. Gierig lecke ich mir die Glukosereste von den Fingern. Aber die Wirkung reicht höchstens für einen Schaltvorgang oder einmal Schimpfen. Endlich hat Uwe Mitleid und reicht mir sein vorletztes Gel!
Das zeigt dann allerdings bald Wirkung und wir haben noch ein sensationelles Finish auf der doch sehr unattraktiven und schnellsten (23,5er Schnitt) Etappe bis nach Engen.
Nach diesem harten Tag belohnt uns der Veranstalter mit Fleisch ! Jeder bekommt zu seinen Nudeln auch noch eine Frikadelle. Was für eine Grundlage für…..einen Angriff :-)!
6.Etappe: Engen – Grafenhausen (70km/1676Hm)
22:33 h saßen wir die letzen Tage im Sattel, das verrät mir ein Blick in die Ergebnisliste. Der verrät mir allerdings auch, dass das Team „Schwabenflitzer“ 22:27 h und das nette Team „Bike Park Wolfach“ 22:26 h im Sattel saßen. Der Wettkämpfer versteht worauf ich hinaus will?! Genau, die sind ja nur ein paar Minuten weg! Vergeblich versuche ich Uwe im Startblock C diese einfache Rechenaufgabe näher zu bringen. Stoisch überprüft er den Sitz seiner Schutzbleche. Achso, ganz vergessen: Es stehen seit der 3. Etappe sieben Sonnen am Himmel.
Immerhin kann ich meinen Mitstreiter überzeugen die Konkurenz doch ein bisschen im Auge zu behalten. Als wir dann mit 2 Belgierinnen (wir nennen sie A-und B-Hörnchen) einen Zug bilden scheint auch Uwe Gefallen am sportiven Fahren zu haben.
Von den beiden Hörnchen können wir eine Menge lernen. Sie fahren schnell und sicher.
Nach einer Abfahrt zeigt mein Tacho 75,5 km/h als Vmax! Von der direkten Konkurenz keine Spur.
Am Abend können wir dann den Ergebnisslisten entnehmen, dass wir den Abstand auf die Schwabenflitzer auf 4 Minuten verkleinern konnten und mit den Wolfachern auf die Minute gleichgezogen sind.
Mensch und Maschine wird auf die letze Etappe vorbereitet. Die Bikes werden zum Kärcher gerollt und Doc Münch holt seine transparenten Latexhandschuhe aus der Werkzeugkiste, um gegen den Kettenknaster vorzugehen. Eins ist klar, am Material soll es morgen nicht liegen……
7.Etappe: Grafenhausen – Murg-Niederhof (83km/2055Hm)
……am Wetter auch nicht. Es ist heiß! Bereits im Startblock schwitzen wir in unseren Ärmelosen Trikots. Uwe hält einen Plausch mit der Konkurenz. Auch sie haben die Ergebnisse studiert und man wünscht sich gegenseitig eine sturzfreie, letzte Etappe (und in Gedanken einen Platten).
Die Beine sind gut und wir erwischen eine schnelle aber risikofreudige Gruppe. Nachdem Uwe anstatt Bananen mal ein paar Brombeeren probieren wollte und mit blutigen Armen feststellen musste, dass im August alles abgeerntet ist, lassen wir die Heißsporne ziehen und wünschen uns die zierlichen Belgierinnen vom Vortag zurück.
Auf den letzten 20 km fahren wir auf Sicherheit. Die finale Abfahrt in den „Holzmattdrop“ wird als extrem schwierig und gefährlich beschrieben. Als wir dann das Ziel auf dm Sportplatz erreichen können wir kaum glauben, dass hier die Reise schon zu Ende sein soll.
Glücklich, staubig, stinkig, blutig. So stehen wir im Zielbereich mit einem Rothaus Tannenzäpfle in der Hand und lecken unsere Wunden.
Die Transschwarzwald ist ein perfekt organisiertes Etappenrennen und gehört mit seinen rund 550 Teilnehmern nicht zu den überbuchten Veranstaltungen. Mit ein bisschen Vorbereitung in Odenwald oder Taunus ist fahrtechnisch alles lösbar. Wir hatten sehr viel Glück mit dem Wetter und nicht eine Panne. Man kann das Rennen auch alleine fahren, aber gerade als Team ist es ein wirklich tolles Erlebnis. Uwe, gerne wieder!
Zu erwähnen wäre noch das wir in der Masterskategorie 15. geworden sind, mit einer Gesamtfahrtzeit von knapp unter 30h. Wen’s interessiert: Die Schwabenflitzer und Wolfacher hatten unserem glasharten Antritt am letzen Tag nichts entgegenzusetzten ;-).